Ikaria, Feuchtgebiete in Nas - Sept. 2015

Ikaria – der Absturz des Ikarus. Was lag da näher, als die Insel per Flugzeug anzusteuern? Ja, es gab ihn wirklich, den übermütigen Flieger, der sich mit seinen Flügeln zu sehr der Sonne näherte, so dass das Wachs schmolz und er ins Meer stürzte, der Sohn des Dädalus, nachdem diese Insel benannt ist, und wir haben ihn tatsächlich auch gefunden. Aber dazu später mehr.  Ich will nicht schon wieder sagen, dass unser Flieger von Athen pünktlich war. Er war es auch nicht, er war etwas zu früh.

Der Flug erinnerte mich stark an die Flugszenen in dem Film Bernard und Bianca mit dem armen Albatros, der es nur so gerade noch schafft, und um ein Haar wären auch wir auf Ikaria über die Landebahn ins Meer geplumpst, so wie Ikarus damals,  aber es hätt ja nochmal jut jejange.  Und wer jemals dort gelandet ist, der weiß wovon ich rede. Die Landebahn ist kurz und endet abrupt am Meer.   Aber der Flugkapitän der Olympic versteht sein Handwerk, und so ist alles gut. Immer wieder gemütlich, so ein kleiner Flughafen, ein paar Koffer auf dem Band, und schon kann die Insel kommen.

Ein wenig Vorahnung über die Bewohner dort und deren Mentalität hatte ich schon, es soll dort alles etwas entspannter zugehen, relaxter, in einer anderen Zeitzone.Deshalb war ich auch nicht verwundert, dass mir unser Autovermieter Dimitrios den Autoschlüssel am Ausgang überreichte und wir sofort losstarten konnten. Keine Unterschrift, kein Führerschein nötig, kein Ausweis, keine Kreditkarte, kein Geld, keine Hoteladresse, nichts. Nur dass er sagte, wir müssten den Matiz morgen tauschen, gegen einen besseren Wagen, denn dieser Matiz gehöre ihm gar nicht. Auch gut.

Dass dieses „morgen“ dann erst fünf Tage später sein wird, na ja klar. Ikaria halt.Die Fahrt dann über die Insel zu unserem Ziel Nas bei Armenistis gibt uns einen ersten Eindruck von der Größe und der Landschaft, vorbei am Hauptort Agios Kirykos mit Blick hinüber nach Fourni, und an Evdilos vorbei, dem wichtigen Hafenortan der Nordseite, über unzählige Kurven und Serpentinen. 

Und wenn ich mich auf Ikaria als Auswanderer einmal selbständig machen sollte, dann wüsste ich womit. Ich würde ein Halogenlampengeschäft für Autorückleuchten aufmachen, denn nirgendwo auf der Welt habe ich so viele defekte Bremslichter gesehen. Dazu passen dann vielleicht auch die vielen Autowracks an den Straßenrändern, die wohl oft schon länger als fünf Tage dort stehen und auf Ersatz warten.

Unser Quartier in Nas ist sehr gemütlich, ich hatte es per Telefon reserviert, und Ioanis, unser Vermieter war daher über unsere Ankunft auch gar nicht überrascht, was mich etwas verunsicherte. Sollte es auf Ikaria doch ziemlich normal zugehen? Der Blick vom Balkon auf die Bucht von Nas ist spektakulär, nur laden der starke Wind und die Wellen nicht gerade zum Bade ein. Und so streifen wir durch die Streusiedlung. „Dorf“ kann man Nas eigentlich nicht nennen, aber es ist schon seltsam, dass es hier fünf Restaurants gibt, einen Minimarket (Dimitris), einen Autovermieter (Ikaria Holidays, wo man auch Hellenic Seaways Tickets bekommt oder Busfahrten buchen kann) und direkt daneben eine namenlose Snackbar mit diversen Pites. 

Der Vorteil ist: schnell lernen wir alle kennen, man grüßt sich sogar, was wir von Armenistis nicht sagen können, und man bemüht sich, auch mit den Touristen Griechisch zu sprechen, wenn diese ihre Wünsche in der Landessprache vortragen. Und wenn man eine Taverne wiederholt aufsucht, hört man schon mal den Satz: „Oh, seid Ihr noch von vorgestern hier oder gerade erst gekommen?“ Thea´s Inn ist unsere erste Adresse.

Thea´s Inn und Anna´s Fish Taverna liegen am Ortseingang fast nebeneinander, wenn nicht das Restaurant Naiades mit dem fantastischen Gemüsegericht „Soufikó“ nymphengleich dazwischen läge. Soufikó ist eine Spezialität auf Ikaria und ähnelt dem uns bekannten Ratatouille. Es gibt also genügend Feuchtgebiete für einen feucht-fröhlichen Abend.

Anna nebenan lässt sich gerne in die Töpfe gucken, hier sind die Barbounia sehr zu empfehlen.

Auf der anderen Straßenseite befinden sich dann die Restaurants  O Nas, an dem der Abstieg zur Bucht beginnt, und noch das Artemis Restaurant, das übrigens wie Anna und Thea auch Zimmer vermietet und wo auch eine kleine Keramikwerkstatt zum Shoppen einlädt. Während Thea´s, Anna´s und O Nas vornehmlich touristisch ausgerichtet sind, treffen sich am späten Abend doch die meisten Einheimischen im Artemis, was wir so erst gar nicht auf dem Schirm hatten.

Insgesamt also ist die Versorgung mehr als gesichert, und um die Info komplett zu machen: in Dimitris Minimarket gibt es ab 9:30, na sagen wir mal ab 10:30 Uhr auch frisches Brot, nur sonntags nicht.

Außer unserem Studio finden wir noch etliche andere, die wir unten von der Bucht aus sehen können, und die somit sicherlich auch einen schönen Ausblick über die Bucht, die Reste des Artemis Tempels und auf den meist fantastischen Sonnenuntergang garantieren. 

Und es gibt natürlich jede Menge Wespen morgens am Frühstückstisch und Mücken am Abend, natürlich inklusive, was wohl dem ausgedehnten Feuchtgebiet unten in der Bucht geschuldet ist, das vergebens versucht im Meer zu münden und Heimat der Schildkröten und eben auch der Millionen Kounoupia ist. Also, es gibt noch einiges zu entdecken…

RICHIS KYKLADENFIEBER