AMORGOS IM JUNI 2019

Es gibt Inseln, die ziehen mich immer wieder in ihren Bann, Amorgos gehört dazu, vielleicht weil es die erste kleinere Kyklade war, die ich kennen lernen durfte. Damals spuckte die Miaoulis von Naxos kommend um fünf Uhr früh eine Handvoll Rucksacktouristen aus, die verloren in Katapola nach einem Frühstückslokal suchten, im Kamari fündig wurden, und sich mit Nes und Dakos zufrieden geben mussten, um dann mit dem alten Inselbus gemeinsam hinauf zur Chora zu fahren, wo ein gewisser Elias ein paar Zimmer vermietete. Dabei entstanden Freund- und Bekanntschaften, die jahrelang andauerten und wir verbrachten tolle Zeiten, die ich nie vergessen werde.

Auch heute noch wohne ich gerne in der Chora, dem traditionellen Hauptort der Insel, genieße das Dorfleben, schaue dem Bäcker beim Verkauf seiner Brote vom Balkon aus zu, kaufe bei Niko wie vor dreißig Jahren in seinem kleinen Supermarkt ein und beobachte die alten Leute, wenn sie auf den Pappas warten, der so gegen sechs die Glocke schlägt, mal früher, mal später.

Die meisten Touristen sehen die Chora nur als Ausflugsziel, streifen einmal durch die Gassen und fahren weiter zur Hauptattraktion, dem Kloster Chozoviotissa, oder bevölkern erst am Abend die Lokale in der Hauptgasse, ein stimmungsvolles Bild. Dabei hat der Ort mehr zu bieten, auf jeden Fall mehr Lebensqualität. Ein Frühstück im Kath o don sollte man sich nicht entgehen lassen, ein Fotostreifzug ist auf jeden Fall ein Erlebnis der besonderen Art.

Aber auch die anderen Orte der Insel haben ihre speziellen Reize. Das mittags schon sprichwörtlich verschlafene Katapola mit seinen alten und neuen Läden sollte man lieber am Abend zu einem stimmungsvollen Essen am Hafen aufsuchen.

Es sei denn, man möchte unbedingt als Tourist einmal ein richtiges Kriegsschiff der griechischen Marine besichtigen. Aber vorsicht: Nichts anfassen, nach dem Motto: „Ah, was ist denn das für ein roter Knopf da, mal ausprobieren….Rumms“.

Nachdem wir ja vor zwei Jahren im Nordosten mit Langada, Ägiali, Potamas und Tholaria gewohnt hatten, fahren wir dieses Jahr wieder in den Südwesten der Insel, ein gut ausgebautes Straßennetz macht´s möglich. Die Landschaft ist fantastisch.

Wir kommen an etlichen Kapellen und Kirchen vorbei und besichtigen kurz die restaurierte dreischiffige Kirche des heiligen Nikolaus bei Kamari von 1593, mit ihren verblassten aber schönen Fresken.

In Vroutsi besuchen wir das Kafenion Klimataria von E. Passaris, ein fast schon verwunschener Ort, schauen kurz am Paradiso Strand und in Kalotaritissa vorbei. Ja, Amorgos ist keine Badeinsel, seine Reize liegen woanders.

Ja, Amorgos ist keine Badeinsel, die Reize liegen woanders.

Zum Beispiel wenn plötzlich und unerwartet ein alter Backpacker-Jugendfreund in Chora auftaucht, wir uns dreißig Jahre nicht gesehen hatten, trotzdem – zögerlich – wiedererkannt verwundert sind, dass wir beide fast jährlich immer noch die Chora besuchen, uns nie wieder begegnet sind, und nun wieder eine wunderbare – wenn auch kurze – Zeit in der Chora von Amorgos verleben, und sogar unseren alten Vermieter Elias wiedersehen. Aaach Amorgos! Fast wie im Traum...


RICHIS KYKLADENFIEBER