Natürlich ist es langweilig. Wie immer. Wir sitzen im Refené in Piräus und schauen – wie immer – auf diese unsägliche Parkplatz-Baulücke in der Notará Straße.
Aber es ist diese Art von angenehmer Langeweile, die griechische Langeweile, um die Atmosphäre aufzunehmen, das griechische Essen, Trinken, Sprache, Geräusche, Gerüche.
Die erste Stunde Parken kostet 5 Euro, jede weitere 1 Euro, von 8 bis 21 Uhr. Aber das hier scheint keine Sau zu interessieren. So warten wir, dass es dunkel wird und das letzte Auto den
Parkplatz verlässt. Feierabend. Auch für uns. Wir sind da. Nach einem langen Winter. Und wir haben gewartet. Gewartet, dass das Wetter besser wird. Jetzt im Juni. Immer wieder sehen wir, dass es
im Mai in Griechenland noch kalt ist. Oder zu nass. Da können meinetwegen die Wanderer Urlaub machen. Wir nicht.
Am nächsten Morgen geht es nach Iraklia, erst mit dem HighSpeed4, dann von Naxos mit der Skopi. Bei bestem Wetter. 26 Grad, kein Wind.
Und so merken wir schließlich, dass wir in Griechenland sind, das Morgenmagazin, „πρωιαν σε ειδον“ – „Ich habe dich morgens gesehen“ auf der Fähre bringt uns bei, wie man Bananen mit Messer und
Gabel isst, oder dass High Heels wie Traktoren aussehen können, da rümpft sogar die ewig blonde Moderatorin die Nase.
Naxos ist schnell erreicht, gut ein Stündchen haben wir Zeit, um auf die Skopi zu wechseln, ich nutze die Zeit, um noch schnell auf der leeren Paralia beim Bäcker ein Mavro und im Supermarkt reichlich Käse zu kaufen, denn beides ist auf Iraklia Mangelware. Und dann beginnt die Traumreise auf dem ewig blauen Skopi-Meer – leider viel zu kurz.
Jetzt also wieder Iraklia. Wieso wieder? Oder soll ich sagen „immer noch“, seit 33 Jahren?
Auf Iraklia ist es dann beim Aussteigen wuseliger als gedacht, keine Ahnung wo die Leute alle herkommen, aber der Eindruck täuscht. Die Insel ist nicht voll, bei Anna sind wir fast die einzigen
Gäste, und auch in den Tavernen ist nicht viel los, in manchen Restaurants ist abends lediglich ein Tisch besetzt. Dennoch scheint die Insel zu boomen, es wird halt verhältnismäßig viel gebaut.
Wo Iraklia noch die rückständigste Insel war, was Bauaktivitäten anbelangte, geht es jetzt zügig voran.
Es gibt wohl keine Kyklade mehr auf der die Ruhe garantiert ist.
Und es sind nicht wie früher die kleinen Häuser, nein, heute müssen Rooms her, je mehr desto besser. Mit weniger gibt man sich nicht zufrieden. Ein Trend, den wir auch auf den anderen Kykladen
feststellen müssen. Tja, die Corona-Pandemie ist endgültig vorbei, und jeder will ein Stück vom neuen Kuchen abbekommen.
Und so geht es für mich ein wenig auch darum, die Änderungen zu beschreiben. Wie hat sich die Insel für uns Urlauber in den letzten Jahren verändert?
Schulkinder sind jetzt Anfang Juni praktisch nicht mehr zu sehen, die Alten sterben aus, und die Jungen – wenn sie dann auf der Insel bleiben - bauen neue Häuser, aber weniger als Lebensraum für
sich denn als Betongold für Touristen.
Noch ist es sehr ruhig hier, wie gesagt. Wir pflegen unsere Routinen, streifen vormittags durchs Dorf, besuchen Popi in ihrem Supermarkt Perigiali oder Georgia in der Melissa, kommen an Pedros Baustelle für die neue Bäckerei vorbei, die wohl erst im nächsten Jahr fertig wird, machen uns auf zu den Streifzügen über die Insel und freuen uns auf ein erfrischenden Bad am Nachmittag am Livadi-Strand, wo es zum Glück nur ein einzelnes freistehendes WOMO gibt (die wohl noch nicht mitgekriegt haben, dass das neuerdings verboten ist), und erstaunlich wenige Segler, um den Abend im Pera Panta, bei Akathi, bei Vangeli im Syrma oder im wieder eröffneten Restaurant vom Maistrali zu beschließen. Niko hilft seinem Sohn und dessen Freundin, mit einem Restaurant-Neustart wieder Fuß zu fassen.
Etwas beunruhigt bemerken wir von unserem Balkon, dass wohl auf der Nachbarinsel Schinoussa ein Feuer ausgebrochen ist, wir sehen es abends deutlich, jedoch ist es am nächsten Morgen nicht mehr zu sehen, es gibt keinerlei Infos hierüber. Wird wohl nicht so schlimm gewesen sein.
Ja, das Leben auf Iraklia ist angenehm. Vom griechischen Pfingstfest, das dieses Jahr terminlich auf unser Pfingsten fällt, bemerken wir außer schmückende Aktivitäten rund um die Kirche und ein paar anreisende Geistliche wenig, ein Hype wie auf Koufonissi bleibt uns erspart. Aber das ist die nächste Geschichte.